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Wettbewerbsrecht

Revision von UWG und PBV seit 1. April 2012 in Kraft

Am 1. April 2012 ist das revidierte Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten. Dieses führt in Art. 3 Abs. 1 lit. p-u UWG mehrere neue Tatbestände ein, die bislang entweder nur über die Generalklausel des Art. 2 UWG oder noch gar nicht erfasst waren. Zugleich wurde die geänderte Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (PBV) in Kraft gesetzt.

Unlauter sind neu u.a.: Schwindeleien bei Einträgen in nutzlosen Online-Registern, unerbetene Telefonanrufe zu Werbezwecken, Einschränkungen im Zusammenhang mit Gewinnversprechen, Schneeballsystemen bzw. Lawinen- und Pyramidensystemen oder die Missachtung von Opt-Outs in Telefonbüchern.

Für Anbieter von Waren, Werken und Leistungen im elektronischen Geschäftsverkehr sieht das Gesetz in Art. 3 Abs. 1 lit. s UWG gewisse Informationspflichten und Pflichten hinsichtlich der technischen Infrastruktur vor. Im Einzelnen sind dies:

  • klare und vollständige Angaben über die Identität des Anbieters, dessen Adresse sowie E-Mail-Adresse (sog. „Impressumspflicht“)
  • Hinweis auf die einzelnen technischen Schritte, die zum Vertragsschluss führen
  • technische Mittel, mit denen Eingabefehler vor Abgabe einer Bestellung erkannt und korrigiert werden können
  • unverzügliche elektronische Bestätigung einer Kundenbestellung

Diese Pflichten treffen insbesondere Online-Shop-Betreiber im E-Commerce. Betroffen sind hiervon grundsätzlich auch Online-Händler, die über Auktionsplattformen wie ricardo oder eBay handeln.

Ab 1. Juli 2012 wird Art. 8 rev. UWG über missbräuchliche Geschäftsbedingungen in Kraft treten. Die neue Bestimmung lautet wie folgt:

„Art. 8 Verwendung missbräuchlicher Geschäftsbedingungen

Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.“

Das bisherige Kriterium der „Irreführung“ entfällt und wird durch das Kriterium von „Treu und Glauben“ ersetzt.

In der Preisbekanntgabeverordnung (PBV) wurden zusätzliche Dienstleistungen miteinbezogen: Neu muss nun auch bei der Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten, bei Dienstleistungen von Tier- und Zahnärzten und Bestattungsinstituten sowie bei Notariatsdienstleistungen der tatsächlich zu zahlenden Preis genannt werden. Dies gilt zudem u.a. auch für Flug- und Pauschalreisen, die z.B. über das Internet gebucht werden können.

Quellen und weitere Informationen:

  • Revidiertes Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG (Stand: 1. April 2012): http://www.admin.ch/ch/d/sr/2/241.de.pdf
  • Wortlaut der einzelnen UWG-Änderungen: http://www.admin.ch/ch/d/as/2011/4909.pdf
  • Revidierte Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen, PBV (Stand: 1. April 2012): http://www.admin.ch/ch/d/sr/9/942.211.de.pdf
  • Wortlaut der einzelnen PBV-Änderungen: http://www.admin.ch/ch/d/as/2011/4959.pdf
  • Pressemitteilung des Staatssekretariat für Wirtschaft SECO vom 29.03.2012: http://www.seco.admin.ch/aktuell/00277/01164/01980/index.html?lang=de&msg-id=43978

BGH: Werbebeschränkungen für Lotterien

Lottogesellschaften sei es nicht generell verboten, hohe Gewinne bei Jackpotausspielungen anzukündigen. Das hat das oberste deutsche Zivilgericht entschieden. Der Bundesgerichtshof (BGH) konkretisierte damit die Werbebeschränkungen für Lotterien in Deutschland.

Nicht jede Ankündigung einer Jackpotausspielung mit einem möglichen Höchstgewinn über 10 Mio. € sei grundsätzlich unzulässig, so der BGH. Die konkrete Gestaltung der Werbung einer Jackpotausspielung müsse sich jedoch in den zulässigen Grenzen halten. Nach § 5 Abs. 1 GlüStV habe sich Werbung für öffentliches Glücksspiel „zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken“. Daher sei die sachliche Information über Art und Höhe der ausgelobten Preise zwar erlaubt, die Information über den Höchstgewinn müsse aber zudem (nach den Richtlinien im Anhang des Glücksspielstaatsvertrags) mit einer Aufklärung über die Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust verbunden werden, damit die Anlockwirkung des Höchstgewinns begrenzt werde.

Nicht zulässig hielt der BGH eine Ankündigung in der Höchstgewinne von 26 oder 29 Mio. € im Schriftbild hervorgehoben, verbunden mit der Abbildung jubelnder Menschen angekündigt wurden. Auch der Imperativ „Spiel mit“ als Titel eines Kundenmagazin sei unzulässig, da er eine Aufforderung zur Spielteilnahme enthalte.

Quellen:

  • BGH, Urteil v. 16.12.2010 – I ZR 149/08 – „Spiel mit“; Pressemitteilung Nr. 240/2010.

OLG Nürnberg: CD-Box mit „100 Number 1 Hits“ muss auch Originalhits enthalten

Wo „Number 1 Hits“ draufsteht, müssen auch Originalhits drin sein! Eine CD-Box mit „100 Number 1 Hits“ muss auch solche enthalten – und zwar keine sog. „Re-Recordings“ oder Liveaufnahmen sondern im Original. Handelt es sich nicht um Aufnahmen der ursprünglichen Chart-Hits, muss deutlich darauf hingewiesen werden. So entschied das Oberlandesgericht Nürnberg.

„100 Number 1 Hits“ aus dem Lebensmittel-Discounter
Ein Lebensmittel-Discounter hatte Musik-Cd’s im sogenannten Non-Food-Bereich angeboten. Im Streitfall handelte es sich um eine CD-Box, betitelt mit „100 Number 1 Hits“, die 5 CDs enthielt und sowohl im Internet wie auch in den Geschäftsräumen der Beklagten für einen Verkaufspreis von 4,99 Euro erhältlich war.

CD mit überwiegend „Re-Recordings“
Die insgesamt 100 Titel der CD-Box gaben aber überwiegend nicht die in den damaligen Hitlisten geführten Versionen der Songs wieder, sondern waren sogenannte „Re-Recordings“, also Neueinspielungen eines Titels aus späterer Zeit von einem oder mehreren Mitgliedern der Originalgruppe bzw. des Originalkünstlers, oder es waren Liveaufnahmen. Bei welchen Titeln es sich um „Re-Recordings“ bzw. Liveaufnahmen handelte, konnte der Kunde in der Internetwerbung überhaupt nicht und bei der CD-Box selbst erst erkennen, wenn er die verschlossene Cellophanhülle entfernt, die einzelnen CDs aus der Verpackung entnommen und auf der Rückseite der CD-Hüllen am Ende der Titelaufzählung den in englischer Sprache angebrachten Hinweis gelesen hatte.

Verhalten wettbewerbswidrig: Käufer bekommt nicht die Hits die er erwartet
Dieses Verhalten hielt die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. für wettbewerbswidrig, denn die Verbraucher würden davon ausgehen, dass es sich bei allen Aufnahmen tatsächlich um Aufnahmen der ursprünglichen Hits handele, wie diese in den Charts vertreten waren. Und auch ein auf der CD-Hülle angebrachter gelber Aufkleber „Original Artists. Super Qualität“, der weiter unten und sehr viel kleiner den Hinweis enthielt „Einige Songs dieses Produktes wurden neu eingespielt …“, könne dieses Missverständnis nicht deutlich erkennbar ausräumen. Der Käufer bekomme also nicht die Hits, die er erwarte. Schließlich bedürfe es keiner weiteren Erläuterung, dass die Neueinspielung eines Musiktitels durch eine Musikgruppe, bei der nurmehr ein Mitglied der ursprünglichen Besetzung vorhanden ist und die Instrumentierung und der Sound verändert wurden, nicht mehr mit dem Original-Hit vergleichbar sei.

OLG bejaht Wettbewerbswidrigkeit: Irreführende Werbung!
Dieser Ansicht schloss sich nunmehr das Oberlandesgerichts Nürnberg an. Es genüge nicht, wenn lediglich Melodie, Text und Interpret (Letzterer teilweise) der Hits übereinstimmten. Denn es erwarte „ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums (…)dass ihm bei einer mit „Number 1 Hits“ beschriebenen CD-Box auch die damals in einer der Hitlisten befindlichen (Original-) Versionen verkauft werden“ – gerade darauf beruhe ja die besondere Wertschätzung der Stücke. Dies gelte auch hier, wo der Preis mit knapp ein Euro pro CD nur sehr gering bemessen war. Denn dass Massenartikel zu „Schnäppchen“-Preisen veräußert werden, sei im Discountbereich nicht unüblich.

Und auch der gelbe Aufkleber auf der Verpackung werbe lediglich in großen Lettern für „Original Artists“ und eine angebliche „Super Qualität“. Demgegenüber sei die weiter unten enthaltene Aufklärung über Re-Recordings und Liveaufnahmen in deutlich geringerer Schriftgröße gehalten und „nur für den Verbraucher, der keinerlei Sehschwäche hat, überhaupt noch lesbar“. Das reiche jedenfalls nicht aus, um den berechtigten Vorwurf der irreführenden Werbung zu entkräften.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, Urt. vom 26. Oktober 2010 – 3 U 914/10.

OLG Naumburg: Druckauflage eines kostenlosen Anzeigenblattes im Impressum

Die Aussage eines kostenlosen Anzeigenblattes im Impressum, über die Höhe seiner Druckauflage, die für erreichbare Haushalte im Verbreitungsgebiet erscheine, sowie die zahlenmäßige Zuordnung zu zwei Regionen, sei nach deutschem Recht nicht irreführend. Es werde damit nicht die (unrichtige) Vorstellung einer flächendeckenden Verteilung an sämtliche Haushalte zu 100% der Druckauflage erweckt. So entschied das Oberlandesgericht Naumburg (OLG).

Quelle: OLG Naumburg, Urt. v. 23.04.2010, 10 U 54/09; vorgehend LG Magdeburg, Urt. v. 23.09.2009, 36 O 159/09.

BGH: Preisvergleich von Zahnärzten im Internet

Auf einer Internetplattform konnten Patienten einen Preisvergleich zwischen verschiedenen Zahnärzten vornehmen und dadurch die kostengünstigste Behandlung auswählen. Ein Preisvergleich für zahnärztliche Leistungen im Internet sei nicht „berufsunwürdig“ und daher zulässig, entschied der deutsche Bundesgerichtshof. Doch wird damit auch die Qualität der ärztlichen Behandlung gefördert?

Um verschiedene Angebote zu vergleichen können Patienten den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes auf der Plattform einstellen. Alsdann können andere Zahnärzte innerhalb einer bestimmten Zeit eine alternative eigene Kostenschätzung abgeben. Dem Patienten werden sodann die preisgünstigsten Kostenschätzungen ohne Angabe der Namen und Adressen der Zahnärzte mitgeteilt. Sofern der Patient sich für einen der Ärzte entscheidet, übermittelt die Plattform die Kontaktdaten und kassiert 20% vom Zahnarzt, wenn die Behandlung auch tatsächlich zustande kommt. Zuletzt können die Patienten den Zahnarzt auf der Plattform bewerten, in der sie insbesondere angeben können, ob sich der Arzt an seine Kostenschätzung gehalten hatte.

Gegen dieses Geschäftsmodell hatten mehrere Zahnärzte geklagt und vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht München zunächst Recht bekommen.

Anders entschied jetzt der deutsche Bundesgerichtshof. Danach verstosse die Preisvergleichsplattform nicht gegen ärztliches Berufsrecht und sei daher auch nicht wettbewerbswidrig. Vielmehr diene der Preisvergleich den Patienteninteressen und sei schon deshalb kein „berufsunwürdiges“ Verhalten.

Den Richtern in Karlsruhe zufolge, sei es nicht zu beanstanden, wenn ein zweiter Zahnarzt eine alternative Kostenberechnung vornehme und, sofern sich der Patient daraufhin zu einem Zahnarztwechsel entschließe, auch dessen Behandlung übernehme. Den Richtern in Karlsruhe zufolge, erleichtere das beanstandete Geschäftsmodell ein solches Vorgehen und ermögliche es dem Patienten gerade, weitergehende Informationen zu den Behandlungskosten zu erhalten. Dieses Verhalten verstosse auch nicht gegen den Grundsatz der Kollegialität unter Ärzten und würde deshalb andere Zahnärzte auch nicht auf eine berufsunwürdige Art aus ihrer Behandlungstätigkeit verdrängen.

Fazit:
Das Urteil verschafft mehr Transparenz für die Patienten. Diese können über solche Plattformen ihren Arzt nun auch nach Kostengründen auswählen und mit anderen Angeboten vergleichen. Jedoch muss sich zeigen, ob dadurch auch die Qualität der ärztlichen Behandlung gefördert wird oder ob nur ein Preisdumping zwischen den Ärzten entsteht. Denn der Arzt soll sich auch in Zukunft an dem orientieren was medizinisch notwendig ist und nicht nach merkantilen Gesichtspunkten behandeln. Auf der Plattform wird in einer Art „Internet-Auktion“ die zahnärztliche Leistung im Internet „versteigert“. Der maßgebende Faktor dabei ist der Preis. Die Ärzte geben die Kostenvoranschläge ohne Voruntersuchung des Patienten.

Damit werde das Arzt-Patienten-Verhältnis diskreditiert: „Der BGH gestattet damit, medizinische Behandlungen wie Konsumprodukte versteigern zu lassen“ so der Präsident der Bundeszahnärztekammer in einer aktuellen Stellungnahme.

Quellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 1.12.2010, Az. I ZR 55/08; Pressemitteilung Nr. 230/2010 v. 1.12.2010; Bundeszahnärztekammer, Pressemitteilung v. 02.12.2010