OLG Nürnberg: CD-Box mit „100 Number 1 Hits“ muss auch Originalhits enthalten


Wo „Number 1 Hits“ draufsteht, müssen auch Originalhits drin sein! Eine CD-Box mit „100 Number 1 Hits“ muss auch solche enthalten – und zwar keine sog. „Re-Recordings“ oder Liveaufnahmen sondern im Original. Handelt es sich nicht um Aufnahmen der ursprünglichen Chart-Hits, muss deutlich darauf hingewiesen werden. So entschied das Oberlandesgericht Nürnberg.

„100 Number 1 Hits“ aus dem Lebensmittel-Discounter
Ein Lebensmittel-Discounter hatte Musik-Cd’s im sogenannten Non-Food-Bereich angeboten. Im Streitfall handelte es sich um eine CD-Box, betitelt mit „100 Number 1 Hits“, die 5 CDs enthielt und sowohl im Internet wie auch in den Geschäftsräumen der Beklagten für einen Verkaufspreis von 4,99 Euro erhältlich war.

CD mit überwiegend „Re-Recordings“
Die insgesamt 100 Titel der CD-Box gaben aber überwiegend nicht die in den damaligen Hitlisten geführten Versionen der Songs wieder, sondern waren sogenannte „Re-Recordings“, also Neueinspielungen eines Titels aus späterer Zeit von einem oder mehreren Mitgliedern der Originalgruppe bzw. des Originalkünstlers, oder es waren Liveaufnahmen. Bei welchen Titeln es sich um „Re-Recordings“ bzw. Liveaufnahmen handelte, konnte der Kunde in der Internetwerbung überhaupt nicht und bei der CD-Box selbst erst erkennen, wenn er die verschlossene Cellophanhülle entfernt, die einzelnen CDs aus der Verpackung entnommen und auf der Rückseite der CD-Hüllen am Ende der Titelaufzählung den in englischer Sprache angebrachten Hinweis gelesen hatte.

Verhalten wettbewerbswidrig: Käufer bekommt nicht die Hits die er erwartet
Dieses Verhalten hielt die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. für wettbewerbswidrig, denn die Verbraucher würden davon ausgehen, dass es sich bei allen Aufnahmen tatsächlich um Aufnahmen der ursprünglichen Hits handele, wie diese in den Charts vertreten waren. Und auch ein auf der CD-Hülle angebrachter gelber Aufkleber „Original Artists. Super Qualität“, der weiter unten und sehr viel kleiner den Hinweis enthielt „Einige Songs dieses Produktes wurden neu eingespielt …“, könne dieses Missverständnis nicht deutlich erkennbar ausräumen. Der Käufer bekomme also nicht die Hits, die er erwarte. Schließlich bedürfe es keiner weiteren Erläuterung, dass die Neueinspielung eines Musiktitels durch eine Musikgruppe, bei der nurmehr ein Mitglied der ursprünglichen Besetzung vorhanden ist und die Instrumentierung und der Sound verändert wurden, nicht mehr mit dem Original-Hit vergleichbar sei.

OLG bejaht Wettbewerbswidrigkeit: Irreführende Werbung!
Dieser Ansicht schloss sich nunmehr das Oberlandesgerichts Nürnberg an. Es genüge nicht, wenn lediglich Melodie, Text und Interpret (Letzterer teilweise) der Hits übereinstimmten. Denn es erwarte „ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums (…)dass ihm bei einer mit „Number 1 Hits“ beschriebenen CD-Box auch die damals in einer der Hitlisten befindlichen (Original-) Versionen verkauft werden“ – gerade darauf beruhe ja die besondere Wertschätzung der Stücke. Dies gelte auch hier, wo der Preis mit knapp ein Euro pro CD nur sehr gering bemessen war. Denn dass Massenartikel zu „Schnäppchen“-Preisen veräußert werden, sei im Discountbereich nicht unüblich.

Und auch der gelbe Aufkleber auf der Verpackung werbe lediglich in großen Lettern für „Original Artists“ und eine angebliche „Super Qualität“. Demgegenüber sei die weiter unten enthaltene Aufklärung über Re-Recordings und Liveaufnahmen in deutlich geringerer Schriftgröße gehalten und „nur für den Verbraucher, der keinerlei Sehschwäche hat, überhaupt noch lesbar“. Das reiche jedenfalls nicht aus, um den berechtigten Vorwurf der irreführenden Werbung zu entkräften.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, Urt. vom 26. Oktober 2010 – 3 U 914/10.